Predigt

St.Marien, 2. 10. 05 Jes. 58, 7 - 9a

 Liebe Gemeinde,

 Was geschieht eigentlich bei uns, wenn wir die Zeitung lesen und dabei an Gott denken? So wie wir sind, beeindrucken uns sicher zuerst und am meisten die negativen Nachrichten: Katastrophen, Mord, Hunger, Entführung. Und so sind denn auch unsere Zeitungen.

 Und was geschieht, wenn wir dabei an Gott denken? Wir sind empört über das Gelesene, unzufrieden mit der Welt und klagen: Wie ist das möglich, Gott, wie kannst du das zulassen?

 Das ist eine ganz legitime Klage. Die Bibel ist voll von solchen Klagepsalmen, in denen die Beter ihre Not und ihr Leid vor Gott ausbreiten.

 Was machen wir da?

 Wir rufen Gott an unsere Seite, stellen uns auf seine Seite, ziehen ihn hinein in unsere Sache, daß er sie wende.

 Liebe Gemeinde, das ist nicht nur legitim, es ist auch die stärkste Waffe und Kraft, die Gott uns in die Hand gegeben hat. Wir dürfen so beten. Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, will sich ziehen lassen, will unsere Klage anhören und beheben.

 Darum die immer wieder wiederholte Bitte und Aufforderung im Neuen Testament, haltet fest am Gebet, denn des Gerechten Gebet vermag viel.

 Es gibt mir immer wieder mal zu denken, ob da nicht doch ein Zusammenhang besteht. Morgen ist der Tag der deutschen Einheit.

 Mal ehrlich: Wer von uns Älteren hat denn noch darauf gewartet und gehofft? Da waren doch nur die zwei Blöcke zu sehen, wie Beton und nichts bewegte sich. Vielleicht ist es uns da so ähnlich gegangen wie beim Zeitunglesen. Es gibt da so einen Journalistensatz: Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht. Und so waren es denn zum Schluß auch nur noch ein paar wenige Gemeinden, die an der Fürbitte für die Einheit festgehalten haben.

 Und auf einmal war da - im Maßstab von Himmel zu Erde - wovon der Predigttext aus dem Propheten Jesaja spricht: Hervorbrechendes Licht, voranschreitende Heilung und vorlaufende Gerechtigkeit.

 Ich frage immer noch, ob da vielleicht doch ein Zusammenhang war und sicher brauchen wir solche irdischen Hinweise immer mal wieder. Nicht etwa um sie an die große Glocke zu hängen. Es bleiben immer tastende und vorsichtige Fragen. Da geschieht etwas ganz heimlich und verborgen und auch die Mitwirkenden wissen oft gar nicht davon. Mit dem Förderverein, der heute vor 25 Jahren gegründet wurde, war es vermutlich ähnlich. 25 Jahre, also 1980. Damals gab es hier noch zwei Pastorenstellen, eine Gemeindeschwester, eine Kantoren- und Organistenstelle, das, was man damals Gemeindehelferin nannte und einen Küster. 6 volle Stellen: Schiel und Deter, Schwester Hanna, Frau Kröger-Hirsch, Frau Kellner, Herr Koppermann, das Büro war besetzt, Frau Krüger und Frau Spohrmann waren da und die vielen Helfer in allen Bereichen. Es ging uns gut, wir konnten nicht verschwenderisch sein, mußten aber auch nicht knapsen.

 Und dann waren da Menschen, die diesen Förderverein gegründet, für ihn geworben und gearbeitet haben und das ja immer noch tun - auf Zukunft hin, daß die Gottesdienste schön, das Gemeindeleben vielfältig sein kann. Kurz: daß die Gemeinde ein Dach über dem Kopf hätte.

 Wer konnte denn damals schon diese Entwicklung ahnen, daß dieser Förderverein einmal unentbehrlich sein würde für den Bestand der Gemeinde? Wer konnte das ahnen und doch wurde dieser Verein gegründet.

 Bei so etwas geht mir immer eine Scharbeutzer Geschichte durch den Kopf. Für unsere Schaukästen hatte ich einen Menschen gewonnen, der uns fehlte, der nämlich gestalten und großflächig schreiben konnte. Und als er sich gerade eingearbeitet hatte, kam seine Frau und sagte, er läge mit einem Schlaganfall im Krankenhaus. Ich habe ihn am nächsten Tag besucht und am Ende unseres Gesprächs leichthin gesagt, dies sei nun überhaupt kein Grund, die Arbeit mit den Schaukästen einzustellen. Mir war in dem Moment überhaupt nicht gegenwärtig, daß sein rechter Arm gelähmt war. Er hat nichts dazu gesagt. Ich bin dann gegangen und als er später aus der Reha kam, hat er mir gesagt, das wäre der Satz gewesen, den er in dem Moment gebraucht hätte, der ihn motiviert hätte. Ich habe ihm gestanden und wir sind uns einig gewesen: So geht Gott mit uns um, seine Wege. Er schreibt auch auf krummen Linien gerade und die krummen Linien merken es erst im Hinterdrein.

 Liebe Gemeinde, wie sollten wir so etwas denn auch merken, wenn wir nicht vorher in Klage und Bitte das vor Gott ausgebreitet und ihn hineingezogen hätten? Wir sehen doch nur die krummen Linien, wenn wir die Welt betrachten, unsere Zeitung lesen.

 Die treue Beharrlichkeit, die Gott immer wieder in diese Dinge hineinzieht, bekommt eine andere Sichtweise. Da kann dann von dem wie die Morgenröte anbrechenden Licht geredet werden und wir erfahren es ja doch auch immer wieder: Die Herrlichkeit des Herrn bildet den Schluß deines Zuges.

 So ist es - auch in unserer Zeit und es gilt uns Einzelnen und unserer Kirche: Die Herrlichkeit Gottes ist da -am Ende, ist Ziel und auch hinter uns, trägt und schiebt uns, sammelt und hütet. In all dem, was uns bedrückt und bedrängt, leben wir unter dieser Verheißung Gottes. Denn dies aufleuchtende Licht und die anbrechende Herrlichkeit ist in Christus erschienen. Der Anfang ist gemacht. Warum sollte das Ende ausbleiben?

 Heute ist auch Erntedankfest. Wir kennen den Zusammenhang von Saat und Ernte. Wir wissen vielleicht auch, wieviel Mühe und Arbeit es kostet, daß es zur Saat und zur Ernte kommt. Unser Dank gilt also zunächst einmal den Menschen, die es schaffen, daß bei uns Brot auf dem Tisch und Gemüse im Topf ist. Das ist ja nicht selbstverständlich.

 So sehr wir den Landwirten und allen, die dafür arbeiten, danken - das wäre ein armes Erntedankfest, wenn es dabei bliebe.

 Das muß es ja auch nicht. Die treue Beharrlichkeit, die Gott in alle unsere Dinge hineinzuziehen sich traut, verschafft uns auch hier eine andere Sichtweise. Wir erkennen im Brot, dem Gemüse und all den Gaben unseres täglichen Lebens den uns zugewandten Glanz seiner Herrlichkeit. Und in demselben Glanz sehen wir auch die anderen Menschen. Darum: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus. Wenn du einen nackt siehst, kleide ihn. Das ist unser von Gott angestoßenes Nächsten-Programm.So lebt Gottes Volk. Und es wird ihm damit genau andersherum gehen wie mit unserem Geld: Je mehr wir ausgeben, um so mehr wird es sich vermehren. Denn die Herrlichkeit Gottes bildet den Schluß unseres Zuges.

 Das gibt uns den Mut und das Zutrauen, Leben Welt und Grauen, das was so in den Zeitungen steht, gegen den Trend anders zu lesen. Förderverein ist dafür ein schönes Wort. Ich denke sofort an Luthers Erklärung zu den Geboten: dem Nächsten helfen und ihn fördern in allen Leibesnöten.

 Brich dem Hungrigen dein Brot. Das ist auch weltweit kein Faß ohne Boden. Es macht Sinn so zu leben und handeln. Gott selbst hat uns dazu angestoßen und wir nehmen Menschen mit, helfen und fördern auf dem Weg in die Morgenröte, wo Heilung und Gerechtigkeit ist.

 Denn die Herrlichkeit des Herrn wird unsern Zug beschließen und auch zusammen halten.

 Über alle irdische Erfahrung hinaus haben wir eine Zusage, die in die Ewigkeit reicht, und ein Licht, das auch da leuchtet, wo alles andere dunkel aussieht. Wo immer wir sind, sind wir umfangen von der Herrlichkeit unseres Gottes.

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